MoneySchwabl Adventskalender

Servus mitanand,

das Jahr neigt sich dem Ende zu und schon ist die Adventszeit da, jene magische Periode, in der Menschen panischer Einkäufe tätigen als Bundesliga Manager am Deadline-Day und Jörg aus der Buchhaltung nach dem sechsten Glühwein seine deutsche Hüfte schwingt. Adventskalender öffnen dabei eine eigene Dimension des Zaubers: Türchen um Türchen kämpft man sich durch, in der Hoffnung, dass sich hinter einem Türchen des Bayernlos-Adventskalenders die sehnsüchtig erwartete Frührente verbirgt. Doch ob Schoki, Beauty-Produkte oder Mini-Spirituosen – der Kalender ist längst zum ultimativen Spiegel unserer Konsumgesellschaft geworden. Besinnlichkeit in 24 Häppchen, bei denen sich die wahre Frage stellt: Was machen wir eigentlich an den restlichen 341 Tagen?

Die Adventszeit ist also einerseits die Zeit der Besinnung um das Vergangene Revue passieren zu lassen und andererseits die des Ankommens (lat. advenire). Im Kontext dieses Blogs schwelgen wir also in der Geschichte der Spielvereinigung und stellen uns die Frage: Wer ist denn eigentlich nie so richtig angekommen in der Vorstadt?

7. Türchen: Jonas Hummels

Die vergangenen Türchen präsentierten hauptsächlich Stürmer, da diese per se einfach an ihren Statistiken messen lassen müssen und somit auch schnell als Flop abgestempelt werden können. Heute geht es jedoch um einen talentierten Verteidiger, der ähnlich wie der Doc, Seppi Welzmüller, körperlich so oft zurückgeworfen wurde, dass er während seiner aktiven Karriere die lange Zeit im Lazarett mit mehr Gehirnjogging als Bergläufen verbracht hat. So ist er heute auch durch seine Karriere nach der Karriere bekannter als zuvor. 

Es ist ein Leben, das man nicht an einer Schablone ausrichten kann: Jonas Hummels, 32 Jahre jung, ein Ex-Fußballer, der mehr Kapitel in seiner Vita hat als ein schwerer Roman. Einst Abwehrchef bei der SpVgg Unterhaching, später ein Mann mit einer Softwarefirma in Atlanta, einem Master in BWL, einem Psychologiestudium und einem Platz im DAZN-Kommentatorenteam. Jonas Hummels, so scheint es, ist überall ein bisschen zuhause – außer auf den eigenen Knien.

Es war der 10. September 2011, ein sonniger Nachmittag, der alles bereithielt: Kampf, Leidenschaft und einen frühen Führungstreffer durch die Herrlich-Elf. Florian Niederlechner sprintete an der Grundlinie entlang, legte auf Avdic zurück, und das 1:0 war besiegelt – ein Bilderbuchstart für Haching. Doch kaum hatte ich damals verschwitzt im Gästeblock auf der Gegengeraden Grund zum Jubeln, zog sich der Schleier des Dramas über das Spiel: Kapitän Jonas Hummels ging nach einem Zweikampf mit Offenbachs Hesse zu Boden. Kein Foul, kein böses Spiel – aber ein Knie, das nicht mehr mitmachen wollte. Nach nur zwölf Minuten musste Hummels raus. Während Winkler aufs Feld kam, begann für Hummels eine Odyssee, die mehr mit Ärzten als mit Kopfballduellen zu tun hatte. Die Diagnose? Kreuzbandriss. Die Saison war für ihn gelaufen, bevor sie richtig begonnen hatte.

Hummels wurde dennoch ein Fixpunkt im Unterhachinger Kader. Zumindest, wenn er spielte. Was selten genug vorkam. „Ich habe in zwei Saisons nur dreieinhalb Spiele gemacht“, resümiert er trocken. Statt Trainingseinheiten mit der Mannschaft wurden es Sitzungen in Reha-Kliniken, statt Jubelläufen um den Platz wurden es Schmerzen und Ibus. Immer wieder Ibuprofen.

Sein bitterer Abschied aus dem aktiven Fußball kam 2015. Pokal-Achtelfinale gegen Bayer Leverkusen, das Datum hat sich in sein Gedächtnis eingebrannt: 15. Dezember. Hummels saß auf der Bank, das Knie schmerzte, die letzte Operation lag nur wenige Monate zurück. Der Trainer ließ ihn nicht spielen. Jonas Hummels, einst Hoffnungsträger der SpVgg, stand zwar noch im Kader – aber auch das war ein Abschied auf Raten. Nach sieben Knie-Operationen in vier Jahren voller Schmerzen zog er 2016 den Schlussstrich. „Ich wusste, ich kann den Kampf nicht gewinnen“, sagt er heute. Kein Groll, keine Klage – nur ein nüchternes Fazit.

Was macht man nach so einem Ende? Abstand. Und das nahm Hummels, mit allem, was dazugehört. Er studierte Psychologie, vertiefte sich in Arbeits- und Organisationspsychologie und hängte noch einen Master in BWL hintendran. Weil man ja nie weiß, wo die Reise hingeht.

Hummels gründete 2017 eine Softwarefirma in Atlanta. Die Story dahinter? Ein bisschen wie er selbst: unkonventionell. Während seiner Hachinger Zeit knüpfte er Kontakte zu Atlanta United, ein Wechsel platzte wegen seiner Verletzungen. Doch der Kontakt zu einem Deutsch-Amerikaner, der Anteile am Klub hielt, blieb. Gemeinsam gründeten sie eine Firma, die heute 35 Mitarbeiter hat. Hummels, der Nicht-Techie, ist dort für Marketing, Vertrieb und Sponsorensuche zuständig. „Ich lerne jeden Tag“, sagt er. Das klingt wie Hummels: neugierig, offen, bereit für das nächste Abenteuer.

Natürlich ist der Fußball geblieben, auch wenn er jetzt eher vor der Kamera stattfindet. Als Co-Kommentator bei DAZN begeistert Hummels mit seiner Expertise. Er spricht, wie er spielt – klug, überlegt, aber auch mit einem Hang zur präzisen Pointe. Man merkt: Der Mann hat seine Nische gefunden.

Jonas Hummels wird wohl nie auf 300 Bundesliga-Spiele zurückblicken können. Aber er hat etwas, das viele andere nicht haben: eine Geschichte, die sich nicht in Zahlen zusammenfassen lässt. Ein Talent, das nie ganz aufgehen konnte – und doch so viele Facetten in seinem Leben gefunden hat. Er ist Unternehmer, Psychologe, Kommentator und immer noch der Mann, der mit 21 Jahren Kapitän einer Profimannschaft war. Und der jetzt sagt: „Mir geht es super.“ Ein Satz, der mehr wert ist als jede Statistik.

Wir sehen uns beim nächsten Türchen.

Auf geht‘s Haching!