2. Spieltag SpVgg Unterhaching – SSV Ulm – die Analyse

Servus mitanand, 

derzeit scheint die Sonne nicht nur über dem Sportpark, nein, sie knallt regelrecht aufs Geschäftsstellendach. Vielleicht nicht ganz so gleißend wie in al-Chubar, wo der saudische Fußballclub al-Qadsiah beheimatet ist und der ehemalige Hachinger Alexander Hack unter Coach Robbie Fowler vielleicht nach Aufstieg gegen Cristiano Ronaldo, Neymar und Konsorten das Tor verteidigt. 10 Prozent seiner Ablösesumme von 1,5 Millionen Euro fließen mit dem Verwendungszweck:„Sauber, Manni!“ auf unser Konto. Damals spielte Hack, der sich zu einem gestandenen Bundesligaspieler entwickelte, gemeinsam mit Haberer, Voglsammer, Redondo und Zetterer, die es ebenfalls schafften sich im deutschen Fußball einen Namen zu machen, in der dritten Liga gegen den Abstieg. Ersetzt wurde er dann durch niemand geringeren als unseren heutigen technischen Leiter Seppi Welzmüller. Ob dieser es gemeinsam mit seinem Kompagnon, Markus Schwabl, schafft ähnliche Deals mit abwanderungswilligen Talenten einzuwickeln, steht genauso in den Sternen, wie der Verbleib all der Zuschauer aus den letzten Spielen, die es mit Rot-Blau halten. 

Wenn man alleine die letzten beiden Heimspiele gegen Cottbus und Augsburg betrachtet, schien es, dass gerade ein Hype um den Vorstadtclub entsteht. Ein ausverkauftes Haus, geile Spiele und nicht zuletzt, egal ob auf den Rängen oder dem Biergarten, eine, den Umständen entsprechend, nahezu entspannte Atmosphäre sollten doch eigentlich dafür sorgen, dass so mancher auch eine Woche später den Weg in den Sportpark findet (trotz des Alkoholkonsums). Aber: Fehlanzeige! Trotz zahlreicher Aufrufe zog es kaum ein Drittel der Hachinger aus dem Augsburg-Spiel zum ersten Heimspiel in der dritten Liga. Da wird sich nicht nur der Haustiger Fonsi gefragt haben, wo alle hin sind.

Aber dieses „Fan“-omen gibt es nicht erst seit gestern, denn ein Hype für aufregende Partien spült eine der (nicht böse gemeint) illoyalsten Art von Stadionbesuchern in die Spielstätte jenseits der Stumpfwiese: den Eventfan. Und diese haben nun mal zu eigen, nicht zwingend das Heimspiel gegen einen Mitaufsteiger zu besuchen, sondern sich die Rosinen der Saison herauszupicken. Dass es diese überhaupt gibt, ist eigentlich ein gutes Zeichen, da so nachgewiesener Maßen auch ein Interesse an der Spielvereinigung besteht. Nur wie diese endlich dauerhaft zu wahren Unterstützern werden können, ist, in meinen Augen, eine der größten Aufgaben für eben einen technischen Leiter. Wer weiß vielleicht schaut man sich ja von den Untermietern, bzw. dem Vorbild des amerikanischen Franchise-Football-Teams, was ab. Viele entschieden sich am Samstag wahrscheinlich lieber dafür, den Tag zum Baden am See zu verbringen, den Rasen im Vorgarten mit der Nagelschere in eine ähnliche Top-Form, wie einst den Körper von Marc Nygaard, zu formen oder sich in der Facebook-Gruppe „Unterhachinger Dorfgeflüster“ lautstark über diverse Martinshörner auf dem Hoheitsgebiet der Gemeinde zu beschweren. 

An der Identifikation der Mannschaft mit den eigenen Fans scheiterte es im Aufeinandertreffen mit Ulm jedoch nicht, da diese, parallel zu den badenden Hachingfans, in der Anfangsphase mächtig schwammen. Die Ulmer waren zwar technisch in einigen Bereichen unserer Elf unterlegen, standen aber in der Zweikampfführung und Ruhe am Ball unserer Mannschaft zu Beginn in nichts nach. Dass es bald in Vollaths Rücken klingeln könnte, bahnte sich nach zaghaften 5 Minuten schon an, aber dass es ausgerechnet Schifferl ist, der den Ball im eigenen Hafen versenkt, fühle ich persönlich mit, da ich selbst früher den Ball auch öfter mit dem Schienbein als mit dem Vollspann getroffen habe. 0:1

Ihm das Gegentor alleine zuzuschreiben wäre an dieser Stelle zu einfach, da es, wie immer eine Fehlerkette ist, die überhaupt zu einer solchen Flanke führt. Zunächst lässt sich unsere Pressingfalle auf außen, welche aus Drei von Vieren unseres Mittelfelds besteht, zu leicht überspielen, sodass der Kaptiano höchstpersönlich aus der Viererkette Druck auf den Ballführenden Ulmer ausüben muss. Dies bewirkt wiederum, dass Keller (was er sehr gut macht) in die Abwehrkette rückt, um den frei gewordenen Platz zuzustellen. Folge: Platz auf der ballfernen Seite, wo Bauer nicht in den Zweikampf kommt, um die Flanke zu verhindern. Beispielsweise hätte sich Skarlatidis nach hinten orientieren können, was zu einer sichereren Staffelung der Abwehr geführt hätte, da Schwabl die Innenverteidigung unterstützen hätte können (Fahrradsattel). 

Billd 1: Zu inkonsequentes Pressing in Überzahl auf außen führt zum Querpass und Platz für Ulm im Zentrum.

Bild 2: Welzmüller kann den Ball vor der Abwehr nicht entscheidend klären. Schifferl und Keller im 1gg1 im Strafraum und Platz auf der ballfernen Seite. Gelbe Pfeile: Skarlatidis‘ Einrücken würde es Keller ermöglichen Bauer auf außen zu unterstützen.

Der Frust war nicht nur Schifferl anzusehen und so kam die Mannschaft in den Folge des Gegentores besser ins Spiel. Es war klar, dass bei solchen Temperaturen nicht so ein intensives Spiel wie gegen den prominenten Gast am vorherigen Sonntag zu erwarten war, daher versuchten es die Hachinger mit geordneterem Spielaufbau und gegen den Ball mit situativen Pressing auf den Außen. Dass es bei der Entstehung der ersten Großchance ausgerechnet Schwabl ist, der den Pass auf außen schnuppert, verwundert nach seinem starken Start in die neue Spielzeit wenig. Einen zu lässigen Pass, bei welchem Westermeier und Waidner gut die Mitte zustellen, fängt er perfekt ab und spielt den Steckpass weiter auf Fetsch, der frei vor dem Ulmer Keeper auftaucht und sich auch richtigerweise für den Chip entscheidet leider geht dieser knapp am gegnerischen Tor vorbei.

Bild 3: Schwabl antizipiert den Ball auf außen, worauf Fetsch spekuliert. Die Ulmer Zentrale befindet sich im Deckungsschatten von Westermeier, der zudem von Waidner abgesichert wird.

Die Ulmer Spatzen hätten damit rechnen können, dass sich diese Umschaltsituationen irgendwann rächen. Zunächst war es noch Glück, als Keller nach Waidner Flanke an den Pfosten köpfte. Kurz darauf ist es wieder Schwabl, der auf außen das Pressing auf den Ballführenden auslöst. Dieser spielt unter Druck des Rechtsverteidigers, dessen Laufstil an den eines jungen Rehes im Perlacher Forst erinnert, einen katastrophalen Rückpass. Keller hat schon früh das Tempo auf die einzige Anspielstation aufgenommen und kann so den Ball erlaufen. Schwabl, der einfach ein Mentalitätsspieler ist, hört nicht auf zu sprinten, sodass Keller den Ball nur quer legen muss. Ergebnis: Schwabl auf Fetsch. 1:1! Umschaltverhalten Note 1.

Bild 4: Schwabl läuft den ballführenden Ulmer an. Keller antizipiert den Passweg. In Folge dessen entsteht eine 3 gg. 1 Situation im Strafraum

In der Nachspielzeit von Halbzeit eins, war dann wieder das Zweikampfverhalten auf außen zu nachlässig. Jann dribbelt am Sechzehner entlang nach innen. Als dieser von Waidner gestellt wird, dreht er sich ein und lässt sich auf ihn fallen. Ein VAR hätte diesen Elfmeter zu 100% gekippt. Diesen verwandelt die lebende Ulmer Legende Johannes Reichert, der bereits über 300 Spiele für die Halb-Bayern absolvierte. 1:2

Zum Wiederanpfiff reagierte Unterberger prompt: Mashigo, der mir wirklich gut gefällt, kommt für Aaron Keller (der mir auch wirklich gut gefällt) und Maier für Benedikt Bauer, der etwas Probleme hatte. So rückte Dennis Waidner auf die linke Abwehrseite. Und es war spürbar (Ja, Hobschi, ich habs auch gespürt), dass noch etwas gehen kann, richtige Großchancen wollten aber bis zur zweiten Trinkpause nicht entstehen.

Dann die 79. Minute:  Eine Kopie des Führungstreffers gegen Augsburg.(siehe unten) Schwabl schaufelt den Ball auf den zweiten Pfosten und manchmal braucht es keine Analyse, da einfach individuelle Klasse, in Form eines genialen Seitfallziehers, entscheidet. 2:2!

Bild 5 (gegen Ulm) & 6 (gegen den FCA): Schwer zu verteidigen und bestimmt die Entstehung vieler weiterer Tore: Schwabl bringt den Ball aus dem Halbfeld Richtung zweiter Pfosten.

Die Schlussminuten waren dann einfach schwer zu greifen. Es war aber klar, dass etwas in der Luft liegt und am Ende kippten das Spiel keine taktischen Meisterwerke, sondern der pure Wille der Rot-Blauen. Erst war es Skarlatidis nach doppelter Verzögerung mit einem Gewaltschuss an die Latte. Dann kam der Chippass von Maier auf (who else?) Fetsch. Den kann er zwar nicht festmachen, doch der Ball rutscht durch zu Hobsch. Guter erster Kontakt und rein ins Glück! 2:3! 

Was soll ich sagen? Einfach schweigen und genießen…

Wir lesen uns zum Ausblick.

Auf geht‘s Haching!

P.S. Heutige gelbe Karte des Spiels geht an Rene Vollath, der sich mal kurz Dennis Chessa gepackt hat. Daumen hoch!