Servus mitanand,
„englische Woche ist brutal hart, gerade für so ältere“ (Welzmüller, Seppi, 2023) Blogger wie mich. Deshalb erscheint der heutige Artikel mit etwas Verspätung, aber dennoch vor Anpfiff des vierten Spieltags. Zum Glück ist meine redaktionelle Deadline lediglich das letzte Weißbier Marke Hopf im Kühlschrank.
Am Mittwoch ging es für unseren Busfahrer in den Breisgau, nicht wie für die meisten in den Ferien den Europapark, sondern ins Dreisamstadion zum SC Freiburg. Kleiner Wermutstropfen sind allerdings die beiden großen i‘s hinter dem Vereinsnamen, sodass es nur für hartgesottene Anhänger und Groundhopper der Spielvereinigung ein Muss war, wenn man dort noch kein Spiel gesehen hat und beim Arbeitgeber Überstunden abzufeiern hat. Ein Krankenschein wäre, wegen des Risikos im lichten Auswärtsblock entdeckt zu werden, wohl die abenteuerlustigere Option gewesen.
Insgesamt sehe ich es aber ohnehin als Zumutung des DFB an noch keine akzeptablen Lösungen, hinsichtlich der Teilnahme von Zweitvertretungen in Liga 3, gefunden zu haben. Dies hat bei mir spätestens seit dem Spiel von uns gegen Bayern II, inklusive van Buyten und Podolski, schon ein Gschmäckle, wie man im Südwesten zu sagen pflegt. Zunächst finde ich es mehr als befremdlich, dass einfach Mannschaften an einer Liga teilnehmen, die gänzlich andere Ziele verfolgen als der Rest der Liga. So haben die Gewöhnung an den Profifußball und das Heranführen an die erste Mannschaft oberste Priorität für U23 Trainer, während andere Clubs, die in vielen Städten zu einer großen Identifikation mit dem Wohnort und somit zu gesellschaftlichem Zusammenhalt führen können, teilweise ums nackte Überleben kämpfen. Das ist in etwa so wie ein Ehepaar, in der eine Partei die finanzielle Macht besitzt und die andere versucht an dieses Geld zu kommen. Hinzu kommt dann noch, dass es die Möglichkeit der Teilnahme am Profifußball den Vereinen aus der Bundesliga ermöglicht, Talenten von unterklassigen Teams einen Wechsel schmackhaft zu machen, da sie mit höherem Gehalt auf dem gleichen Niveau spielen können. So entsteht ein Teufelskreis: vielen ambitionierten Clubs in der dritten Liga fehlen dann die aufstrebenden Talente, die schnell eine Rolle im Profikader spielen oder, wenn sie bleiben, werden diese frühzeitig abgeworben. So horten die großen Vereine dann viele talentierte Spieler, die kleineren Vereine setzen auf gestandene Profis und wenn diese dann absteigen, werden die Plätze im Profifußball von Zweitvertretungen oder Marketingprodukten besetzt. „Schade!“ findet moneyschwabl. Zuletzt ist es noch die Wettbewerbsverzerrung, die in einzelnen Partien, aufgrund der fehlenden Kaderbeschränkungen, stattfindet. Ob kurz nach Verletzung oder zum Spielpraxisaufbau, können willkürlich Spieler mit Europapokalerfahrung im Kader gelistet werden. Alles in Allem werden so vielleicht Talente an den Profifußball herangeführt, was bei vielen Drittligisten nicht der Fall ist, aber diese würden eventuell auf das höhere Gehalt und die kleine Hoffnung auf Bundesliga verzichten, um sich, wenn zweite Mannschaften erst gar nicht Teil des Profifußballs wären, auf höherem Niveau zu beweisen. Natürlich habe ich auch kein Allheilmittel parat, aber würde mir eine andere Lösung im Sinne der Attraktivität der dritten Liga wünschen.
Apropos Attraktivität und Talente. Sandro Wagner, neuerdings Co-Trainer der U20 Nationalmannschaft, ist mit seiner Meinung zur Reform des Jugendfußballs in meiner Sympathieskala einen Platz nach oben gerutscht und steht nun zwischen Babacar N‘Diaye und Ricardo Villar. Im Gegensatz zum Kölner Übungsleiter Baumgart, welchem ich nicht zwingend die pädagogische Feinfühligkeit und Empathie in einer F-Jugend zutraue, findet Wagner die Reform gut, da er sein Kind, wie viele Eltern junger Kinder, einfach mit dem Ball am Fuß sehen will und das am Besten mit Spaß dabei. Baumgart hingegen findet: „Wir sind eine Generation, die nur noch den weichen und seichten Weg geht. Das kann doch wohl nicht wahr sein. Es ist doch nicht schlimm, wenn ein Kind verliert. Es muss doch lernen, mit Niederlagen umzugehen. Ich muss doch lernen, Spaß an dem Sport zu haben, nicht nur wenn ich zehn Tore schieße.“ Diese Aussage zeugt für mich von blinden Stammtischparolen. Kinder sollen natürlich lernen zu verlieren, dass dies aber erst ab einem gewissen Alter Sinn ergibt, sollte ein Experte mit Fußballlehrerlizenz in meinen Augen wissen. Alleine bei der Betrachtung von Eriksons Stufenmodell (empfehlenswerter Exkurs) wird klar, dass bis zum Grundschulalter Wettkämpfe sinnlos sind. Denn erst in diesem Alter entsteht das intrinsische Bedürfnis sich mit anderen auf jeder Ebene zu messen. Um also einen talentierten Nachwuchs zu fördern, sollten im frühen Alter möglichst viele Erfahrungen am Ball gemacht werden. Denn seien wir mal ehrlich: Das Problem an den aktuellen Wettbewerben sind nicht die Kinder, die sich mit Niederlagen rumplagen, weil sie keine zehn Tore geschossen haben, sondern überambitionierte Erwachsene, egal ob Trainer oder Eltern, die fußballerisch talentierte Kinder zu früh unter Druck setzen und andere manchmal sogar nicht einwechseln. Genau so gehen dem DFB auf Dauer nämlich viele Talente, Fans und Sportsfreunde verloren, weil sie früh in ihrem Leben den Spaß an dieser eigentlich so schönen Sportart verlieren und sich von der Welt der toxischen Männer im Fußballs entfremden.
Den Ball am Fuß hatte bei der Drittligapartie am Mittwoch in Freiburg auch niemand lange, naja hat ja auch keiner FUNiño gespielt. Die Hitze, technische Fehler und eine intensive Zweikampfführung beider Mannschaften führten zu einer ziemlich zerfahrenen Partie, weshalb die heutige Analyse sich auf einige wenige Szenen beschränkt, die ich im Vergleich zu den letzten Begegnungen spannend finde.
Auffällig war natürlich, dass unsere Elf auf schnelles Umschaltspiel nach Ballgewinnen setzte. Immer wieder wurde der Ball aus der Defensive schnellstmöglich hinter die beiden vorderen Ketten gespielt, da die Freiburger natürlich einerseits intensives Pressing nach Ballverlusten zeigten und so ein geregelter Spielaufbau viele Risiken barg. Andererseits war auch so immer wieder Raum zu finden, als beispielsweise Skarlatidis nach Schwabl-Pass in der Anfangsphase einen Fernschuss versuchte. Dies hätte wirklich ein Mittel werden können, doch leider war entweder ein Freiburger entscheidend an seinem Gegenspieler oder der Ball konnte technisch nicht ausreichend verarbeitet werden.
Unterberger sah, wohl wegen der Temperaturen und der Belastung, keinen Sinn die Mannschaft hoch pressen zu lassen. Viel mehr zog sich die Mannschaft nach Ballverlust in einem engen 4-4-2 zurück Richtung eigenem Sechzehner. Dadurch gelang es bestens schnelle Gegenstöße zu verhindern und zudem den Ball auf die außen zu lenken und auf die Kopfballstärke unserer Innenverteidigung zu setzen. Die Freiburger wollten also das Spiel ruhiger aufbauen, doch auch hier hatte die Mannschaft vor Rene Vollath einen klaren Plan: Die Anspielstationen in der Zentrale wurden eng gedeckt, sodass das Spiel abermals auf außen gelenkt wurde. Kam der Ball auf den außen in die Nähe des letzten Drittels, überlagerte unsere 4er Kette aus dem Mittelfeld die ballnahe Seite und zwang den ballführenden Freiburger zu einer Flanke (bestimmt viel Spaß gegen Schifferl), da die einfachen Passoptionen zugestellt wurden und die Außenverteidiger Schwabl und Bauer den Halbraum nicht verließen und die Freiburger an der Seitenauslinie nicht aktiv angingen.
Symbolbild 1: Die Anspielstationen im Zentrum werden eng gedeckt, um schnelles Umschalten mit diagonalen Pässen (typisch Freiburg) zu verhindern. Der ballferne Spieler wird vernachlässigt und der Ballführenden wird zu einem schweren Pass gezwungen.
Symbolbild 2: Man lässt sich auf keine 1gg.1 Situation im Dribbling ein und stellt die Passoptionen zu. Ergebnis: Neuer Spielaufbau oder die Flanke in die Mitte gegen 3 Hachinger.
Einer Sache möchte ich mich in der heutigen Analyse noch widmen: Der Rolle von Benedikt Bauer im Offensivspiel. Der Rechtsfuß rückte bei Ballbesitz auf der rechten Seite invers ein und überlagerte so den Raum vor dem Sechzehner. Er konnte so zweimal gefährliche Situationen kreieren und ich hätte ihm und Marc Unterberger dafür auch ein Tor gegönnt.Symbolbild 3: Bauer rückt wie einst Cancelo bei Man City ein. Die Flanke von Schwabl kann Fetsch auf ihn ablegen und führt zu einer guten Chance.
Die größte Chance des Spiels hatte Fetsch nach einem inzwischen altbekannten Muster. Halbfeldflanke auf den zweiten Pfosten (diesmal Skarla) und der Ball kommt auf den freistehenden Stürmer, dessen Schuss vom Keeper geblockt wurde. Das Bild lasse ich einfach so stehen. Nachzulesen in beinahe jeder Analyse.Symbolbild 4: Keine Erklärung nötig. 😉
Das 0:0 war am Ende auch gerecht und wir können einen weiteren wichtigen Punkt gegen den letztjährigen Vizemeister mitnehmen. Beim allerersten Aufeinandertreffen mit Viktoria Köln überhaupt würde ich ein ähnliches Ergebnis auch mit Kusshand nehmen. Doch ich sehe in diesem Spiel schon mehr Offensivspektakel kommen. Köln hat auf jeden Fall die technische Finesse (z.B. Marseiler) um sich in 1gg1 Situationen Räume zu schaffen. In diesem Spiel muss der richtige Mix aus Härte und Präzision in den Zweikämpfen passen, sonst hagelt es schnell Standards oder Überzahlsituationen. Wir haben dieses Jahr sowieso schwer zu verteidigende Werkzeuge: Die Halbfeldflanken auf den zweiten – immer eklig zu verteidigen. Fetsch, der die Dinger vom Himmel runterholt, wie ein Tontaubenschütze. Und die jungen Wilden, Krattenmacher, Mashigo und Keller, die scheinbar unbekümmert ihre Gegenspieler frischer machen, als mein Weißbier, dass ich mir für den letzten Satz eingieße. Prost!
Wir lesen uns zur Analyse.
Auf geht‘s Haching!