Servus mitanand,
wer diesen Blog aufmerksam verfolgt hat, wird wissen, dass ich kein Freund lapidarer Ausdrucksweise bin, weshalb es sich beim heutigen Ausblick eher um einen Einblick in meine (wirren) Gedanken zur großen, weiten Fußballwelt handelt.
Seit ich denken kann, spielt die schönste Nebensache der Welt eine bedeutende Rolle in meinem Leben. Ob Haching, Bundesliga am Wochenende, Champions League, ein bisschen Premier League, schon damals als Bua war immer was los und wenn nichts auf Premiere lief, dann wurde selber gebolzt oder es ging eben virtuell bei Fußball Manager, Fifa und PES heiß her. Passend zum zweiten Saisonspiel erinnere ich mich auch noch lebhaft an meinen sechsten Geburtstag, der nicht etwa mit Topfschlagen, Kinderliedern und Süßigkeiten, bis zum Verlust der Selbstkontrolle, zelebriert wurde, sondern im Fanbus zum Bundesliga Spiel in Ulm 1999 mit Trommelschlägen, Fangesängen und Spezi en masse. Dass das Spiel 1:0 verloren ging und im Sommer, mit dem Transfer von Christian „Bobo“ Vieri über 46,48 Millionen €uro (oder authentischer 90 Millionen DM bzw. ganz authentisch 90 Milliarden Lire) von Lazio Rom zu Inter Mailand, ein neuer Rekord im Fußballbusiness aufgestellt wurde, war mir damals auf Grund des zarten Alters (auch authentisch) pupsegal. Längst sind Bundesliga Spiele in Unterhaching und Ulm, sowie Rekordwechsel für Pi mal Daumen 50 Mios viel mehr Wunschdenken als Realität in der wunderbaren Welt des Fußballs (Moin Arnd Zeigler). In den knapp zweieinhalb Jahrzehnten seit meinem sechsten Geburtstag hat sich neben mir nämlich auch mein steter Begleiter verändert.
Spätestens seit Neymars Wechsel zu PSG und dem Siegeszug des österreichischen Vodka-Mischgetränks im Profifußball blicke ich durchaus kritischer auf die Unterhaltungsindustrie, die sie heute zweifelsohne ist. Dieses Jahr sind es die Transferpolitik des Chelsea FC, die eher dem Einstellungsverfahren großer Techunternehmen gleicht, die Sports-Washing-Offensive aus Saudi Arabien, deren finanziellen Anreize verständlicherweise viele talentierte Spieler lockt und nicht zuletzt das, charmant englische, 100 Millionen Lächeln inklusive der dazugehörigen medial aufgebauschten Posse, die mich als Fan der Sportart im Allgemeinen wieder vom großen Zirkus entfremden lassen. Der Fußball ist so etwas wie eine „Perpetuum Limone“ geworden, also eine Geldmaschinerie, die scheinbar unendlich viel Saft hat, um ausgepresst zu werden. Kein Wunder, dass mir das so häufig sauer aufstößt. Obwohl der Vergleich dahingehend ganz schön hinkt, dass die Verantwortlichen sehr viel Energie von außen zuführen, um den Rubel immer weiter rollen und den Fußball noch mark(e)t(ing)gerechter werden zu lassen. Volle Spielpläne mit immer mehr Spielen an jedem Wochentag (moneyschwabl hat ja Zeit), genormte Spielfeldgrößen und der VAR, nur um einige Beispiele zu nennen, produzieren einen Sport, der anders ist als zu Christian Vieris Zeiten. Am besten werden noch bis in die, entschuldige den Ausdruck, Pissrinnen der Stadien Werbebanner geklebt und wenn ich so darüber nachdenke, könnten die Fenster zur Autobahn im „Jahnstadion“ ein gewiefter Schachzug der Autoindustrie sein.
Häusliche Gewalt, die von Spielerberatern gedeckt wird, Steuerhinterziehungen, die der Allgemeinheit schaden oder aber auch die mentale Belastung, die wiederum auf den Profisportlern lastet und so einige am Druck zerbrechen hat lassen, sind nur die Spitze des Eisberges an Folgen der Professionalisierung und Kommerzialisierung der Fußballbranche. Alle hier zu behandeln würde sowohl mir als auch dir eine angenehme Freizeitgestaltung rauben. Ja warum schreibt a dann so an Schmarrn überhaupt, wird sich der ein oder andere fragen.
Weil ich selbst trotzdem nicht aufhören kann, mir geile Spiele mit großen Namen anzuschauen und mich oft über mich selbst ärgere, wie leicht ich diese Dinge ausblenden kann, sobald das runde Leder (das auch längst kein Leder mehr ist) läuft. Genauso wie ich mir als eigentlich überzeugter Vegetarier im Wirtshaus an Schweinse neidruck oder trotz der bekannten Konsequenzen Zigaretten rauche.
Dieser Artikel soll nämlich in keiner Stammtischparole á la „früher war alles besser“ enden, denn das war es auch nicht wirklich, sondern einfach ein Ventil sein, meinen Frust (auch über mich selbst) abzulassen. Vielleicht gehts ein paar von euch ja ähnlich.
Darüber hinaus ist mir auch bewusst, dass unsere Spielvereinigung, egal ob in Liga 3 oder der Regionalliga, selbst auch ein Teil dieses monetären Biotops, wenn auch am unteren Ende der Nahrungskette, ist. Und mir dann nur den AC Pannama aus Unterhaching in der Royal Bavarian League anzuschauen, könnte ich auch nicht aushalten (Sorry, Jungs). Und wenn ich mich ehrlich frage: Würde ich aufhören Unterhaching zu schauen, wenn wir in die Bundesliga aufsteigen? Auf keinen Fall! Und wenn wir dann einen Brasilianer für 100 Millionen holen? Geil oida, den fahr i mim Buidog in Sportpark! Würde ich mir ein Sabbatjahr nehmen, wenn wir im Europapokal spielen, um für Rot-Blau durch Europa zu tingeln? Ein Traum würde wahr…
Bei Haching fällt es mir, auch aufgrund vieler Entscheidungen, wie zum Beispiel auf die Jugend zu setzen, nämlich sogar noch leichter, all die schlimmen Entwicklungen zu ignorieren, weil es sich hier, in sich einer rasant entwickelnden großen weiten Fußballwelt, noch wirklich irgendwie gmiatlich und familiär anfühlt.
Also wenn nicht nicht schauen für dich und mich keine Option ist, was macht man daraus? Da komme ich zur Gründung dieses Blogs, denn er ist für mich eine, wenn auch kleine, Chance Einfluss zu nehmen und über Dinge zu schreiben, die mich ohnehin beschäftigen. Und genau das kann jeder. Okay, wir brauchen jetzt vielleicht keine tausendneunhundertfünfundzwanzig Haching-Blogs, aber als Konsument des Entertainments eines Sportvereins, ob im Stadion, als Vereinsmitglied, als Kunde bei den Streamingdiensten oder Follower in den sozialen Medien, haben wir alle eine Stimme unseren Unmut kundzutun und zumindest so das Feld nicht komplett kampflos dem Unternehmertum überlassen (wie uns der FCA im DFB Pokal).
Jetzt hab ich aber auch genug gegrantelt und freue mich auf den Mitaufsteiger und Traditionsverein am Samstag im Sportpark und dann gibt’s hoffentlich einen weiteren überzeugenden Auftritt unserer Mannschaft. Eine Prognose über das Ergebnis wage ich, wie gewohnt, nicht abzugeben, aber denke, dass Marc Unterberger auf ziemlich die gleiche Elf wie im DFB-Pokal setzt. Und das erste Zeichen kann ich am Wochenende setzen, indem es gegen die Ulmer-Spatzen keinen Schweinse, sondern Kasspatzn gibt. Abschließend an alle, die es so weit geschafft haben: Keine Angst, die nächsten Artikel werden wieder von mehr Optimismus zeugen. Versprochen! Denn wenn ich etwas gut kann, ist das, wie mein Sechsjähriges Ich, einfach den Moment zu genießen und hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken, mit Trommelschlägen, Fangesängen und Spezi en masse.
Wir lesen uns die Tage.
Auf geht‘s Haching!